Renaissance der umsatzsteuerlichen Organschaft unter Unbundling – Neue Verwaltungsgrundsätze nach dem BMF-Schreiben vom 5. Mai 2014
von Dipl.-Kfm. Philipp Haaf und Sascha Knoll, LL.B., Mannheim -*
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1. Umsatzsteuerliche Organschaft: Voraussetzungen und Rechtsfolge
Eine umsatzsteuerliche Organschaft liegt gem. § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG immer dann vor, wenn eine juristische Person des Privatrechts nach dem Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse finanziell, wirtschaftlich und organisatorisch so in das Unternehmen des Organträgers eingegliedert ist, dass die gewerbliche oder berufliche Tätigkeit nicht mehr selbständig und unabhängig ausgeübt wird.4 Alle drei Eingliederungsmerkmale müssen zwar kumulativ gegeben sein, eine gleichermaßen deutliche Ausprägung soll jedoch nicht erforderlich sein.5
Die finanzielle Eingliederung liegt nach ständiger Rechtsprechung des BFH dann vor, wenn der Organträger in der Weise an der Organgesellschaft beteiligt ist, dass sie ihren Willen durch Mehrheitsbeschluss in der Gesellschafterversammlung durchsetzen kann.6 …
Rechtsfolge einer umsatzsteuerlichen Organschaft ist, dass die Organgesellschaft mangels Selbständigkeit Teil des Unternehmens des Organträgers wird und auch nur eine Umsatzsteuererklärung für das Gesamtunternehmen abzugeben ist. …
2.3.3. Kehrtwende mit dem BMF-Schreiben vom 5. Mai 2014
Mit BMF-Schreiben vom 5. Mai 2014 wurde Abschn. 2.8 Abs. 10 Satz 5 UStAE a.F., wonach Teilbeherrschungsverträge nicht ausreichend waren, um eine organisatorische Eingliederung herbeizuführen, ohne nähere Erläuterungen gestrichen. An Stelle dessen bezieht sich der neue Satz 5 nunmehr auf den vorangehenden Satz 4 und verweist auf die aktienrechtlichen Rechtsfolgen eines Beherrschungsvertrags, denen zufolge der Organträger berechtigt ist, Weisungen nach den §§ 308 bzw. 323 Abs. 1 AktG zu erteilen.
Derartige Weisungen haben sich nach Abschn. 2.8 Abs. 10 Satz 6 UStAE - in den rechtlich zulässigen Grenzen - grds. auf die gesamte unternehmerische Sphäre der Organgesellschaft zu erstrecken. Nicht bzw. nur einschränkend kann dies jedoch gelten, wenn dem aufsichtsrechtliche Bestimmungen entgegenstehen. Abschn. 2.8 Abs. 10 Satz 7 UStAE stellt daher nun klar, dass aufsichtsrechtliche Beschränkungen der Annahme einer organisatorischen Eingliederung nicht (bzw. nicht mehr) entgegenstehen (sollen)! …
* Dipl.-Kfm. Philipp Haaf, Steuerberater, ist Manager, Sascha Knoll, LL.B., ist Senior Associate im Geschäftsbereich Tax der KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, Mannheim.
4 BFH v. 07.07.2011, V R 53/10, BStBl II 2013, 218, BFHE 234, 548, VW-DokNr. 13001945.
5 BFH v. 29.10.2008, XI R 74/07, BStBl II 2009, 256, BFHE 223, 498.
6 Bunjes/Korn, UStG, 12. Aufl. (2013), § 2 Rdnr. 117; BFH v. 16.12.2010 - V B 46/10, GmbHR 2011, 442; v. 22.11.2001 - V R 50/00, BFHE 197, 319.