Online-Forum für Betriebswirtschaft, Wirtschaftsrecht und Steuerrecht der Versorgungs- und kommunalen Unternehmen
Titel: Umsetzung der Verbraucherrechterichtlinie – BGB 2014
Datum: 01.02.2014
Artikeltyp: Aufsätze
Kategorien: EU-Recht, Gebühren- und Beitragsrecht; Strom- und Gastarife; Netzentgelte, Wettbewerbs-/Kartellrecht, Zivilrecht
Dokumentennummer: 14002626 ebenso Versorgungswirtschaft 2/2014, Seite 38

Umsetzung der Verbraucherrechterichtlinie – BGB 2014

- von RA Michael Brändle, Freiburg -1

(…)

3.7.1 Widerrufsrecht für die Lieferung von Wasser, Gas, Strom und Fernwärme

Die wohl wichtigste Änderung der hier zu besprechenden Änderungen liegt in der Neuregelung des Widerrufsrechts. Sämtliche Vertragsformulare für Energie- und Wasserlieferungsverträge müssen für den Einsatz ab 13.6.2014 angepasst werden, nachdem das Widerrufsrecht für die Lieferung von Wasser, Gas, Strom und Fernwärme grundlegend neu gestaltet wurde. Das Widerrufsrecht besteht wie bisher bei Fernabsatzverträgen und neu auch bei außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen (§ 312g BGB). Nach wie vor könnten somit im Kundenzentrum Vertragsformulare ohne Widerrufsrecht vorgehalten werden. Ob sich das lohnt, ist eine wirtschaftliche Frage. Werden nur einheitliche Formulare mit Widerrufsbelehrung verwandt, so besteht ein Widerrufsrecht auch bei im Kundenzentrum abgeschlossenen Verträgen - zwar nicht aus Gesetz aber gleichwohl und mit gleichem Inhalt kraft vertraglicher Vereinbarung. Ein Widerrufsrecht kraft vertraglicher Vereinbarung hat im Übrigen unter Umständen auch ein Nicht-Verbraucher, dem ein Vertragsformular mit Widerrufsrecht vorgelegt wird und der dieses unterzeichnet.2

Dass ein Widerrufsrecht für die Lieferung von Wasser, Gas, Strom und Fernwärme nunmehr besteht, ergibt sich zum einen daraus, dass der bisherige Ausschluss des Widerrufsrechts für Waren, „die auf Grund ihrer Beschaffenheit nicht für eine Rücksendung geeignet sind“ (§ 312 d Abs. 4 Nr. 1 BGB a.F.)3 entfallen ist und ein anderer Ausschlussgrund des § 312 g Abs. 2 BGB (n.F.) nicht eingreift. Zum anderen ergibt sich dies daraus, dass in § 356 Abs. 2 Nr. 2 BGB für einen Vertrag, der „nicht in einem begrenzten Volumen oder in einer bestimmten Menge angebotene Lieferung von Wasser, Gas oder Strom, die Lieferung von Fernwärme … zum Gegenstand hat“ eine spezielle Regelung zum Beginn der Widerrufsfrist und in § 357 Abs. 8 eine spezielle Regelung zu den Widerrufsfolgen getroffen wurde. Nach § 356 Abs. 2 Nr. 2 BGB beginnt die Widerrufsfrist „mit Vertragsschluss“ und nicht erst, wie sonst beim Verbrauchsgüterkauf, sobald der Verbraucher die Waren erhalten hat. …

1 Der Autor ist spezialisierter Rechtsanwalt, Autor, Dozent und Schiedsrichter für Energiewirtschaftsrecht und Lehrbeauftragter an der Hochschule Esslingen, Fakultät Gebäude Energie Umwelt.

2 AG Cloppenburg, Urteil vom 02.10.2012 - 21 C 193/12 = VW-DokNr. 14002587; Kurzanmerkung in diesem Heft, Versorgungswirtschaft 2014, S. 45.

3 Dies war bisher Anlass, über das Nichtbestehen eines Widerrufsrechts zu diskutieren, siehe hierzu im Einzelnen Brändle: Widerrufsrecht bei Energie- und Wasserlieferungsverträgen in Versorgungswirtschaft 2011 (Heft 10), 260, DokNr. 11001222; BGH, EuGH-Vorlagebeschluss vom 18.03.2009 - VIII ZR 149/08 = DokNr. 11001061.

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