Private Letztverbraucher als Netznutzer – Rechtliche Rahmenbedingungen und aktuelle Praxisprobleme
- von Dr. Jost Eder, Jan-Hendrik vom Wege (MBA), Dr. Michael Weise - *
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Die separate Netznutzung durch den (privaten) Letztverbraucher ist grundsätzlich gesetzlich zulässig, bedarf jedoch der vertraglichen Ausgestaltung, bei der Besonderheiten zu beachten sind (hierzu nachfolgend II.). Der Netzzugang muss auf Grundlage der geltenden prozessualen Vorgaben der Bundesnetzagentur (BNetzA) abgewickelt werden; hierbei stellen sich im Rechtsverkehr mit privaten Letztverbrauchern zahlreiche Probleme, die bereits Gerichte und Regulierungsbehörden beschäftigt haben (hierzu nachfolgend III.). Besonderes Augenmerk gilt schließlich der Frage, wem gegenüber die Jahresmehr- und Jahresmindermengenabrechnung bei separater Netznutzung durchzuführen ist (hierzu nachfolgend IV.). (…)
III. Prozessuale Abwicklung des Netzzugangs
Grundlage für die prozessuale Abwicklung des Netzzugangs (im Strombereich) ist die „Festlegung einheitlicher Geschäftsprozesse und Datenformate zur Abwicklung der Belieferung von Kunden mit Elektrizität“24 (GPKE). Der GPKE unterworfen ist jeder Netznutzer, unabhängig davon ob Lieferant oder Letztverbraucher. Die GPKE stellt hierzu klar:
„Ist der Letztverbraucher selbst Netznutzer, so tritt er in die Rolle des Lieferanten i.S. dieser Prozessbeschreibung soweit diese Regelungen sinngemäß auf ihn anwendbar sind.“25
Der Letztverbraucher tritt als separater Netznutzer prozessual in die Marktrolle des Lieferanten i.S.d. GPKE ein; der Letztverbraucher wird als Netznutzer zum Adressat der Geschäftsprozessbeschreibungen der GPKE. Allerdings muss der Letztverbraucher die Marktkommunikation mit EDIFACT nicht selbst abwickeln, sondern kann sich hierfür - wie jeder Netznutzer - eines Dienstleisters wie z.B. seines Lieferanten bedienen.26 Um im Rahmen des GPKE-Nachrichtenaustauschs eindeutig identifizierbar zu sein, muss der Letztverbraucher allerdings über eine eigene Marktpartneridentifikationsnummer („BDEW-Codenummer“) verfügen.
In der Praxis stellen sich v.a. zwei Fragen. Zum einen ist strittig, auf welchem prozessualen Wege die Umstellung des Netzzugangsmodells auf die separate Netznutzung zu erfolgen hat (hierzu nachfolgend 1.). Zum anderen haben sich bereits Gerichte mit der Frage auseinandergesetzt, ob die Netznutzungsabrechnung gegenüber einem Letztverbraucher als separaten Netznutzer auf Anforderung des Netzbetreibers elektronisch erfolgen kann oder der Letztverbraucher Anspruch auf eine Papierrechnung hat (hierzu nachfolgend 2.).
* Erst- und Zweitautor sind Rechtsanwälte und Partner, der Drittautor Rechtsanwalt der auf Energie- und Infrastrukturrecht spezialisierten überörtlichen Partnerschaft Becker Büttner Held, Berlin und Hamburg
24 Az.: BK6-06-009 v. 11.07.2006; vgl. zur letzten umfangreichen GPKE-Novelle Brändle, BNetzA ändert GPKE, WiM, MaBiS und GeLi Gas, in: Versorgungswirtschaft 2011, S. 319 f.
25 Anlage zur GPKE, S. 4, Ziff. II. 1.
26 So ausdrücklich in der Anlage zur GPKE, S. 4, Ziff. II. 1.