Steuerpflicht von Streubesitzdividenden im Bereich der Körperschaftsteuer
- von Rechtsanwalt/Steuerberater Jürgen Funke und Rechtsanwalt Jörg Bittscheidt, PricewaterhouseCoopers AG, Düsseldorf -
1. Vorliegen einer Streubesitzbeteiligung
Nach § 8 b Absatz 4 Satz 1 KStG ist zunächst Voraussetzung, dass eine Beteiligung am Grund- oder Stammkapital einer Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse (zusammen »Körperschaft«) vorliegt. Eine derartige Beteiligung ist bei Kapitalgesellschaften in der Rechtsform einer Aktiengesellschaft (AG) oder Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) stets gegeben. Der Begriff der Beteiligung am Grund- oder Stammkapital erfasst ausschließlich die Beteiligung am Nominalkapital einer Kapitalgesellschaft. Sonstige Bestandteile des Eigenkapitals - insbesondere Kapital- und Gewinnrücklagenspielen diesbezüglich keine Rolle. Unerheblich sind auch von der Beteiligung am Nominalkapital abweichende Stimmrechtsverhältnisse an der Kapitalgesellschaft.
Hinsichtlich des Umfangs der Beteiligung ist Voraussetzung, dass diese weniger als 10% des Grund- oder Stammkapitals beträgt (»Streubesitzbeteiligung«). Eine Beteiligung in Höhe von mindestens 10% stellt daher keine Streubesitzbeteiligung dar. Für derartige Beteiligungen gilt weiterhin § 8 b Abs. 1 Satz 1 KStG, so dass Gewinnausschüttungen aus einer derartigen Beteiligung bei der anteilsbesitzenden Kapitalgesellschaft nicht der Körperschaftsteuer unterliegen. Insoweit bleibt auch weiterhin § 8b Abs. 5 KStG anwendbar.
Hinsichtlich des Zeitpunkts der Beteiligung ist Voraussetzung, dass die Kapitalgesellschaft, die die Beteiligungserträge im Sinne von § 8 b Abs. 1 KStG erhält, zu Beginn des Kalenderjahres, in dem diese Beteiligungserträge bezogen werden, keine Beteiligung in Höhe von mindestens 10% hält. Maßgebend ist dabei stets das Kalenderjahr und zwar unabhängig davon, ob die Körperschaftsteuerpflicht während des gesamten Kalenderjahres besteht oder nicht (z.B. bei Errichtung und Löschung der Kapitalgesellschaft). Unerheblich ist wohl auch, ob das Wirtschaftsjahr der ausschüttenden Kapitalgesellschaft dem Kalenderjahr entspricht oder ein abweichendes Wirtschaftsjahr vorliegt. Die Voraussetzungen des § 8 b Abs. 4 Satz 1 KStG sind danach stets zum 1.1. eines jeden Kalenderjahres zu prüfen.
Das vorgenannte Stichtagsprinzip wird allerdings für den Erwerb einer Beteiligung von mindestens 10% während des maßgebenden Kalenderjahres durchbrochen. Es gilt dann der
Erwerb einer Beteiligung von mindestens 10% als zu Beginn des Kalenderjahres erfolgt. Ob diese gesetzliche Fiktion des Erwerbszeitpunkts nur für den einheitlichen Erwerb von einer mindestens 10%-Beteiligung gilt oder ob auch die »Aufstockung« einer Streubesitzbeteiligung auf eine Beteiligung in Höhe von mindestens 10% diese Rechtsfolge auslöst, ist bislang unklar. Nach dem Gesetzeswortlaut scheint nur die erste Alternative erfasst zu sein. Nach dem Gesetzeszweck und der Gesetzesbegründung kann es jedoch keinen Unterschied machen, ob die Mindestbeteiligung in Höhe von 10% in einem oder mehreren Schritten erworben wird.
2. Beteiligung über Personengesellschaften
Einen Sonderfall stellt das Halten von Kapitalgesellschaftsanteilen durch Personengesellschaften im Gesamthandsvermögen dar. Hier wird für die Frage der Beurteilung einer Streubesitzbeteiligung nicht auf die Personengesellschaft selbst als Rechtsträgerin abgestellt, sondern auf die dahinterstehenden Gesellschafter der Personengesellschaft. Die Personengesellschaft als im Rechtsverkehr selbständig rechtsfähiges Gebilde wird daher für steuerliche Zwecke ignoriert. ….