Die Zusammenfassung von Betrieben gewerblicher Art – Bestandsaufnahme und Impulse für den steuerlichen Querverbund
Abstract
Der Leitartikel von Dipl.-Bw. (FH) / Dipl.-Vw. / Dipl.-Hdl. Martin Kronawitter befasst sich mit dem Thema, die Gestaltungsmöglichkeiten der Ergebnisverrechnung von profitablen und (dauer-)defizitären Einrichtungen auszureizen: Die Zusammenfassung von Betrieben gewerblicher Art - Bestandsaufnahme und Impulse für den steuerlichen Querverbund. Seitdem mit dem Jahressteuergesetz 2009 der sog. steuerliche Querverbund ins Körperschaftsteuergesetz aufgenommen wurde, blieben juristische Personen des öffentlichen Rechts und Stadtwerke relativ zurückhaltend, was die Zusammenfassung von wirtschaftlichen Tätigkeiten betrifft. Gerade aber mit der gesetzlichen Definition der früheren, durchaus auslegungsfähigen Verwaltungsmeinung eröffnen sich etliche neue Möglichkeiten.
Umfangreich belegt durch Rechtsprechung und Verwaltungsauffassungen geht der Autor anhand der gesetzlichen Vorgaben des KStG auf die Möglichkeiten der Zusammenfassung von BgA ein, insbesondere von Versorgungs- und Verkehrsbetrieben, von gleichartigen Betrieben oder aufgrund einer engen wechselseitigen technisch-wirtschaftlichen Verflechtung von einigem Gewicht. Anhand von Beispielen werden dabei anschaulich die verschiedenen Möglichkeiten erörtert, z.B. die Integration von Telekommunikationsbetrieben, Müllverbrennungsanlagen oder Contracting-Dienstleistungen oder die Verflechtung von Wasserversorgern mit Schwimmbädern. So geht der Autor der für Kommunen und Stadtwerke interessanten Frage nach, ob sie mit der Errichtung eines BHKW am Schwimmbad einen Querverbund konstruieren können und benennt an anderer Stelle die Einschränkungen bei Kettenzusammenfassungen. In einem gesonderten Punkt widmet sich der Beitrag zudem der möglichen Einbeziehung von Verpachtungsbetrieben gewerblicher Art in den Querverbund.
Leseprobe
- Dipl.-Bw.(FH)/Dipl.-Vw./Dipl.-Hdl. Martin Kronawitter, Untergriesbach -
Seitdem mit dem Jahressteuergesetz 2009 der sog. steuerliche Querverbund ins Körperschaftsteuergesetz aufgenommen wurde, blieben juristische Personen des öffentlichen Rechts und Stadtwerke relativ zurückhaltend, was die Zusammenfassung von wirtschaftlichen Tätigkeiten betrifft. Gerade aber mit der gesetzlichen Definition der früheren, durchaus auslegungsfähigen Verwaltungsmeinung eröffnen sich etliche neue Möglichkeiten der Ergebnisverrechnung von profitablen und (dauer-)defizitären Einrichtungen. In diesem Beitrag werden die Grundzüge der Ergebnisermittlung unter der Berücksichtigung der begünstigten Dauerverlustgeschäfte sowie die Varianten der Zusammenfassung von Betrieben gewerblicher Art dargestellt. Beispiele sowie aktuelle Gestaltungsüberlegungen sollen zur Klarheit beitragen.
1. Zur Kodifizierung des steuerlichen Querverbundes
1.1 Liebhaberei bei Dauerverlustbetrieben als Einzelfallentscheidung
Der BFH hat mit dem sog. „Bedburg-Hau“-Urteil vom 22.8.20071 entgegen der bis dahin geltenden Steuer- und Spruchpraxis2 entschieden, dass die Übernahme einer dauerdefizitären Tätigkeit durch die Eigengesellschaft einer juristischen Person des öffentlichen Rechts (jPdöR) ohne Verlustausgleich durch den Gesellschafter - ohne „eines ausdrücklichen, aus Subventions- oder Sozialzweckgründen einschränkenden Regelungsbefehls“ - zu einer verdeckten Gewinnausschüttung (vGA; § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG) führt. Ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter, an dessen Verhalten sich die Eigengesellschaft einer Gemeinde messen lassen muss, wäre nicht bereit, eine ständige Kostenunterdeckung aus Dienstleistungen hinzunehmen, die eigentlich ihrem Gesellschafter (Kommune) obliegen. Kapitalgesellschaften verfügen über keine außerbetriebliche Sphäre, wodurch verlustbringende Aktivitäten, die die Kapitalgesellschaft in gesellschaftsrechtlicher (Mit-)Veranlassung unternimmt, unter den Voraussetzungen einer ertragsteuerrechtlichen sog. Liebhaberei eine vGA an ihren Gesellschafter auslösen.3
Die Finanzverwaltung mochte die Urteilsgrundsätze bei der Beurteilung der Zusammenfassung von Tätigkeiten, die im Rahmen eines Betriebs gewerblicher Art (BgA) hätten zusammengefasst werden können, in einer Eigengesellschaft oder auf vergleichbare Gestaltungen nicht allgemein anwenden. „Dies gilt insbesondere auch … bei der Besteuerung von BgA.“4 Eine Verrechnung von Gewinnen mit Verlusten soll sogar dann nicht zur Annahme vGA an die Trägerkörperschaft führen, wenn strukturelle Dauerverluste die Gewinne fortlaufend übersteigen.5
1.2 Neuregelung des Querverbundes durch das Jahressteuergesetz 2009 innerhalb des EU-Beihilferechts
1.2.1 Anpassung des KStG hinsichtlich der Einkommensermittlung
Mit dem Jahressteuergesetz 2009 (JStG 2009)6 hat der Gesetzgeber die Jahrzehnte lange Verwaltungsübung (insbesondere R 7 KStR, H 7 KStH) zur Zusammenfassung von BgA und zum steuerlichen Querverbund in § 8 Abs. 7 bis 9 KStG abgesichert7 und die Vorgaben für die Ermittlung des steuerlichen Einkommens der jPdöR bei dauerdefizitären Tätigkeiten mit unterhaltenen BgA bzw. Eigengesellschaften ins KStG aufgenommen.8 Konzeptionell geht er - wie der BFH in seiner Leitentscheidung vom 22.8.2007 - davon aus, dass der Betrieb dauerdefizitärer Eigengesellschaften von Gebietskörperschaften zu vGA führt, es sei denn, § 8 Abs. 7 KStG bestimmt für begünstigte Dauerverlustgeschäfte, dass die Rechtsfolgen einer vGA nicht zu ziehen sind.9 Der erwirtschaftete steuerliche Verlust wird nicht durch eine (außerbilanzielle) Hinzurechnung nach § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG ausgeglichen, sondern steht zur Ergebnisverrechnung im Rahmen des Querverbundes zur Verfügung. Zugleich entfällt auf Ebene der jPdöR eine 15%ige Kapitalertragsteuer-Belastung.10 Flankierend beschränkt § 8 Abs. 8 KStG den Verlustabzug bei zusammengefassten BgA insofern, dass eingetretene Verluste nur von diesem BgA genutzt werden können. Vor bzw. nach einer Zusammenfassung angefallenen Verluste dürfen außer bei gleichartigen Betrieben i.S.d. § 4 Abs. 6 Satz 1 Nr. 1 KStG nicht mit dem Ergebnis des zusammengefassten BgA verrechnet werden. Letztlich verlangt § 8 Abs. 9 KStG bei dauerdefizitären Eigengesellschaften mit mehreren Tätigkeitsbereichen eine spartenbezogene Einkommensermittlung; eine Verlustverrechnung (§ 10d EStG) ist lediglich innerhalb der jeweiligen Sparte zulässig. Für BgA stellt § 8 Abs. 1 Satz 2 KStG klar, dass die Absicht, Gewinn zu erzielen, und eine Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr nicht erforderlich ist. Die Liebhabereigrundsätze finden auf BgA daher keine Anwendung, vielmehr muss für BgA unter Berücksichtigung der möglichen Verlustverrechnung nach Maßgabe des § 8 Abs. 7 KStG stets ein Einkommen ermittelt werden.11
1 BFH v. 22.8.2007, I R 32/06, BStBl 2007 II, 961. Versorgungswirtschaft 2007, 291, DokNr. 07000645.
2 Grundlegend BFH v. 20.3.1956, I 317/55 U, BStBl 1956 III, 166; BFH v. 16.1.1967, GrS 4/66, BStBl 1967 III, 240.
3 BFH v. 22.8.2007, I R 32/06, BStBl 2007 II, 961(s. Fußn.1) mit Verweis auf die st.Rspr.: BFH v. 4.12.1996, I R 54/95, HFR 1997, 327; BFH v. 28.11.1991, IV R 122/90, BStBl 1992 II, 342.
4 BMF v. 7.12.2007, IV B 7-S 2706/07/0011, BStBl 2007 I, 905, Versorgungswirtschaft 2008, 43, DokNr. 08000560.
5 OFD Rheinland v. 21.8.2008, S 2742-1013-St 134, n.v.
6 BGBl 2008 I, 2794.
7 BT-Drucks. 16/10189, 1; Leippe, DStZ 2010, 106.
8 Bott, in: Ernst & Young, KStG, § 8 Rz. 1401.
9 FG Köln v. 9.3.2010, 13 K 3181/05, EFG 2010, 1345 m.w.N.
10 Bott, in: Ernst & Young, KStG, § 8 Rz. 1525.
11 Rengers, in: Blümich, KStG, § 8 Rz. 1103.