Die bilanzielle Behandlung der Nachrüstungskosten für PV-Anlagen nach der Systemstabilitätsverordnung (SystStabV)
Abstract
Im Anschluss an den Beitrag zur regulatorischen Behandlung der Nachrüstungskosten (Versorgungswirtschaft Heft 11/2012, DokNr. 12001905) stellen die Autoren WP/StB Uwe Deuerlein, StB Jürgen Dobler und StB Thomas Wust Die bilanzielle Behandlung der Nachrüstungskosten für PV-Anlagen nach der Systemstabilitätsverordnung (SystStabV) dar.
Die Systemstabilitätsverordnung verfolgt das Ziel, die mit einer automatischen Abschaltung der im Netz angeschlossenen PV-Anlagen verbundene Gefahr eines Blackouts zu vermeiden. Es wird für die Verteilernetzbetreiber eine Nachrüstpflicht für PV-Anlagen begründet, um das sogenannte „50,2 Hz Problem“ zu beseitigen. Die durch die Nachrüstpflicht entstehenden Kosten setzen sich zu 170 Mio. EUR aus entsprechenden Anlagenkosten und zu 20 Mio. EUR aus administrativen Kosten zusammen. Die Nachrüstung soll innerhalb von drei Jahren durch die Verteilernetzbetreiber abgeschlossen sein.
Zunächst wird die Frage beleuchtet, wie die Nachrüstkosten bilanziell einzuordnen sind. Ferner weisen die Autoren im Rahmen der zu erwartenden Kosten darauf hin, dass die Verteilernetzbetreiber über „zusätzlich“ entstehende interne Kosten den Nachweis zu erbringen haben, dass diese auf Grund der Umsetzung der Nachrüstpflicht neu entstanden sind. Im Folgenden geht der Beitrag auf die Abwicklung der Kostenwälzung, einerseits über die EEG-Umlage, anderseits über die Netznutzungsentgelte in Form der Anpassung der Erlösobergrenzen ein. Im Hinblick auf die 50%ige Geltendmachung über die Netzentgelte merken die Autoren an, dass es „systembedingt“ zu einem großen Zeitversatz zwischen der Aufwandserfassung und der Vereinnahmung über Auflösung eines positiven Saldos aus dem Regulierungskonto kommen kann.
Leseprobe
- von Uwe Deuerlein, Jürgen Dobler und Thomas Wust, Nürnberg1-
Die Systemrelevanz von Anlagen zur Erzeugung von Strom aus solarer Strahlungsenergie (PV-Anlagen) nimmt stetig zu. Die Systemstabilitätsverordnung (SystStabV) verfolgt das Ziel, die mit einer automatischen Abschaltung der im Netz angeschlossenen PV-Anlagen verbundene Gefahr eines Blackouts zu vermeiden. Die SystStabV begründet für die Verteilernetzbetreiber eine Nachrüstpflicht für PV-Anlagen, um das sogenannte „50,2 Hz Problem“ zu beseitigen. Die durch die Nachrüstpflicht entstehenden Kosten belaufen sich auf rund 190 Mio. EUR. Diese setzen sich zu 170 Mio. EUR aus entsprechenden Anlagenkosten und zu 20 Mio. EUR aus administrativen Kosten, die dem Netzbetreiber entstehen, zusammen.2 Die den Verteilernetzbetreibern entstehenden Kosten werden zur Hälfte über die EEG-Umlage und die Netznutzungsentgelte auf die Letztverbraucher gewälzt.3 Die Nachrüstung soll innerhalb von drei Jahren durch die Verteilernetzbetreiber abgeschlossen sein.4 Der nachfolgende Beitrag beleuchtet zunächst die Frage, wie die Nachrüstkosten bilanziell einzuordnen sind, in welcher Höhe die Kosten geltend gemacht werden können und welche Erfordernisse sich hinsichtlich der Datenmeldung an den Übertragungsnetzbetreiber bzw. die Anpassung der Erlösobergrenze gemäß § 4 Abs. 3 S. 1 Nr. 3 1. HS ARegV ergeben. Weiter wird dargestellt, wie die Bilanzierung von Ansprüchen, die dem Netzbetreiber durch die Nachrüstkosten entstehen, zu erfolgen hat.
1. Bilanzielle Behandlung der Nachrüstkosten
Für die Bilanzierung dem Grunde nach gilt, die Maßnahme zunächst hinsichtlich ihres Charakters und der Unternehmens- bzw. Betriebszugehörigkeit zu qualifizieren. Der Netzbetreiber hat beim Anlagenbetreiber auf dessen Wechselrichter eine „Maßnahme“ durchzuführen. Der Wechselrichter als unselbständiger Bestandteil der PV-Anlage steht im Eigentum des Anlagenbetreibers. Für die Durchführung kann der Netzbetreiber regelmäßig nicht auf eigenes Personal zurückgreifen, sondern hat eine fachkundige Fremdfirma dahingehend zu beauftragen.5 Das Installationsunternehmen wird in der Regel jedoch keinen vollständigen Austausch der Wechselrichter vornehmen. Vielmehr erfolgt bei diesen ein „Software-Update“, um die technischen Anforderungen des Wechselrichters insoweit zu erfüllen.6
Somit wird der Netzbetreiber zum Eigentümer des durchgeführten Software-Updates, da der Kauf durch den Netzbetreiber erfolgt. Die funktionale Erweiterung - als konkret abgrenzbare Maßnahme - ist demnach von Dauer, da durch die Nachrüstung die Netzstabilität zukünftig gewährleistet werden soll. Insoweit läge grundsätzlich ein Vermögensgegenstand bzw. Wirtschaftsgut des Anlagevermögens vor (§ 247 Abs. 2 HGB, § 5 Abs. 1 S. 1 EStG).7
Jedoch dürfte hinsichtlich des Software-Updates die selbständige Verwertbarkeit im Sinne des § 252 Abs. 1 Nr. 3 HGB nicht gegeben sein. Hierfür müsste das Software-Update im Sinne der „abstrakten Aktivierungsfähigkeit“ einen Beitrag zur Deckung der Schulden des Netzbetreibers leisten.8 Da das Software-Update auf einen Wechselrichter eines dritten Anlagenbetreibers durchgeführt wird und mithin maßgeblich in dessen Nutzung „aufgeht“, liegt die selbständige Verwertbarkeit nicht vor. Somit kann keine Aktivierung erfolgen. Die Aufwendungen sind als Materialaufwand gemäß § 275 Abs. 2 Nr. 5 lit. b HGB als bezogene Leistungen in der Gewinn- und Verlustrechnung zu erfassen, da diesbezüglich ein „wesentlicher Bestandteil“ der Leistung eines Verteilernetzbetreibers vorliegt.9
1 Uwe Deuerlein (Dipl.-Kfm.) ist als Wirtschaftsprüfer/Steuerberater, Thomas Wust (Dipl.-Betriebswirt FH) und Jürgen Dobler (Dipl.-Betriebswirt FH) sind als Steuerberater im Bereich Energiewirtschaft bei Rödl & Partner in Nürnberg tätig.
2 BR-Drs. 257/12, S. 13.
3 BR-Drs. 257/12, S. 13.
4 BR-Drs. 257/12 (B), S. 5.
5 BR-Drs. 257/12 (B), S. 2.
6 BDEW; www.bdew.de/internet.nsf/id/7FD386C84644E03EC1257A48002B2E07/$file/2012-07-18_50.2-Hz_FAQ_BDEW_v4.pdf; Fragen-und-Antworten-Katalog, S. 3.
7 Beck’scher Bilanz-Kommentar (2012), § 247 Abs. 2 HGB, Tz. 353-354. (ebenda, § 247 Abs. 1 HGB, Tz. 10).
8 Vgl. Baetge,/Kirsch/Thiele, Bilanzen, S. 127, 11. Auflage, Münster/Wuppertal 2011.
9 Beck’scher Bilanz-Kommentar (2012), § 275 Abs. 2 Nr. 5 HGB, Tz. 122.