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Titel: Die regulatorische Behandlung der Nachrüstungskosten für PV-Anlagen nach der Systemstabilitätsverordnung (SystStabV)
Datum: 01.11.2012
Artikeltyp: Aufsätze
Kategorien: Energie(wirtschafts)recht, Gebühren- und Beitragsrecht; Strom- und Gastarife; Netzentgelte
Dokumentennummer: 12002010 ebenso Versorgungswirtschaft 11/2012, Seite 281

Die regulatorische Behandlung der Nachrüstungskosten für PV-Anlagen nach der Systemstabilitätsverordnung (SystStabV)

Abstract

In ihrem Beitrag behandeln die Autoren Jürgen Dobler und Dr. Thomas Wolf Die regulatorische Behandlung der Nachrüstungskosten für PV-Anlagen nach der Systemstabilitätsverordnung (SystStabV). Nach den am 26.7.2012 in Kraft getretenen Änderungen der ARegV werden nunmehr Kosten, die Verteilernetzbetreibern durch die Nachrüstung von PV-Anlagen nach den Vorgaben der SystStabV entstehen, stets als dauerhaft nicht beeinflussbare Kosten gemäß § 11 Abs. 2 S. 1 Nr. 5 ARegV behandelt. Es bedarf weder einer freiwilligen Selbstverpflichtung der Netzbetreiber noch einer Festlegung der Bundesnetzagentur. Ausgehend vom Entwurf der Bundesregierung zur SystStabV und den Änderungsvorschlägen des Bundesrats stellt der Beitrag sowohl die Änderungen an der ARegV zur Berücksichtigung von Nachrüstungskosten als auch die Anforderungen an Verteilernetzbetreiber dar. So sind entstandene Nachrüstungskosten zum einen an die Übertragungsnetzbetreiber zu melden (EEG-Wälzung) und zum anderen bei der Erlösobergrenze zu berücksichtigen. Nach Ansicht der Autoren ist es dabei für die Verteilernetzbetreiber unerlässlich, die jeweils entstandenen Nachrüstungskosten möglichst genau zu prognostizieren. Neben der regulatorischen Behandlung kommt der bilanziellen Behandlung der Nachrüstungskosten eine erhebliche Bedeutung zu. Die in diesem Zusammenhang entstehenden Fragestellungen werden durch die Autoren in einem weiteren Beitrag behandelt, der demnächst in dieser Zeitschrift erscheinen wird.


Leseprobe

- von Jürgen Dobler und Dr. Thomas Wolf, Nürnberg1 -

Die Systemrelevanz von Anlagen zur Erzeugung von Strom aus solarer Strahlungsenergie (PV-Anlagen) nimmt stetig zu. So waren im Jahr 2011 PV-Anlagen mit einer Gesamtleistung von mehr als 25 GW in Deutschland installiert und ersetzen damit die Leistung von beinahe 20 Atomkraftwerken. Bis Juni 2008 (Mittelspannung) und März 2011 (Niederspannung) wurden diese PV-Anlagen allerdings mit einer Sicherung ausgestattet, welche die jeweilige PV-Anlage bei einer Überfrequenz von 50,2 Hz automatisch außer Betrieb nimmt. Diese automatische Abschaltung birgt jedoch die Gefahr, dass im Extremfall bis zu 9 GW2 gleichzeitig vom Stromversorgungsnetz genommen werden und damit elektrische Leistung in gleichem Umfang kurzfristig nicht mehr zu Verfügung steht. Da für diesen Fall ein Blackout in der Stromversorgung nicht mehr ausgeschlossen werden kann3, hat die Bundesregierung mit Zustimmung des Bundesrates die Systemstabilitätsverordnung (SystStabV) erlassen, die für die Verteilernetzbetreiber eine Nachrüstungspflicht von PV-Anlagen begründet, um das sogenannte „50,2 Hz Problem“ zu beseitigen. Die den Verteilernetzbetreibern hierdurch entstehenden Kosten von ca. 190 Mio. €4 sollen je zur Hälfte über die EEG-Umlage und die Netznutzungsentgelte auf die Letztverbraucher gewälzt werden. Der nachfolgende Beitrag beleuchtet die Frage, wie die Berücksichtigung der Nachrüstungskosten im Rahmen der Erlösobergrenzen nach den Vorgaben von SystStabV und ARegV erfolgen soll und was hierbei durch die Verteilernetzbetreiber zu beachten sein wird.

1. Entwurf der Bundesregierung zur SystStabV

Im Entwurf der SystStabV der Bundesregierung vom 4.5.20125 war vorgesehen worden, dass die den Verteilernetzbetreibern für die Nachrüstung der PV-Anlagen entstehenden Kosten als dauerhaft nicht beeinflussbare Kostenanteile gelten, wenn die Voraussetzungen des § 11 Abs. 2 S. 2 und 4 ARegV vorliegen. Danach gelten als dauerhaft nicht beeinflussbare Kostenanteile bei Stromversorgungsnetzen auch solche Kosten, die sich aus Maßnahmen des Netzbetreibers ergeben, die einer wirksamen Verfahrensregulierung nach der Stromnetzzugangsverordnung unterliegen. Eine solche wirksame Verfahrensregulierung liegt vor, soweit eine umfassende Regulierung des betreffenden Bereichs durch vollziehbare Entscheidungen der Regulierungsbehörden oder freiwillige Selbstverpflichtungen der Netzbetreiber erfolgt ist und die Regulierungsbehörde dies nach § 32 Abs. 1 Nr. 4 ARegV festgelegt hat. Nach dem Willen des Verordnungsgebers sollte eine freiwillige Selbstverpflichtung der Verteilernetzbetreiber erfolgen, die insbesondere auch Vorgaben für die Ausschreibung der Dienstleistung und die Auswahl der Installateure enthalten sollte.6 Auf die Selbstverpflichtung der Verteilernetzbetreiber hin sollte die Bundesnetzagentur innerhalb von acht Wochen eine Festlegung treffen, die auch Bestimmungen über die Verpflichtung zur Anpassung pauschaler Kostenansätze enthalten können sollte.7 Die Berücksichtigung der Nachrüstungskosten hätte damit über die jährliche Anpassung der Erlösobergrenze nach § 4 Abs. 3 S. 1 Nr. 2 ARegV erfolgen können. Allerdings wäre hierbei auf die jeweils im vorletzten Kalenderjahr entstandenen Kosten abzustellen gewesen (§ 4 Abs. 3 S. 1 Nr. 2, 2. HS), so dass eine Berücksichtigung der Nachrüstungskosten nur mit einem Zeitversatz von zwei Jahren ermöglicht worden wäre.

Diesem Vorschlag der Bundesregierung zur SystStabV ist der Bundesrat indes in seiner Sitzung vom 15.6.2012 - nach Meinung der Verfasser völlig zu Recht - entgegen getreten und hat bezüglich der regulatorischen Behandlung der Nachrüstungskosten für PV-Anlagen weitreichende Änderungen an der SystStabV gefordert.8

1 Jürgen Dobler ist als Steuerberater und Dr. Thomas Wolf als Rechtsanwalt im Geschäftsbereich Energiewirtschaft bei Rödl & Partner in Nürnberg tätig.

2 BR-Drs. 257/12, S. 1.

3 BR-Drs. 257/12, S. 1.

4 BR-Drs. 257/12, S. 13.

5 BR-Drs. 257/12.

6 BR-Drs. 257/12, S. 22.

7 § 10 Abs. 4 SystStabV-E.

8 BR-Drs. 257/12 (B).

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