Beteiligungen von juristischen Personen des öffentlichen Rechts an Personengesellschaften als Betriebe gewerblicher Art? - Tätigkeitsbereiche und Einkünftequalifikation
Abstract
Dipl.-Bw.(FH)/Dipl.-Vw./Dipl.-Hdl. Martin Kronawitter wirft die Frage nach den Beteiligungen von juristischen Personen des öffentlichen Rechts an Personengesellschaften als Betriebe gewerblicher Art auf und untersucht detailliert die Tätigkeitsbereiche und Einkünftequalifikation.
Dabei unterscheidet der Autor einerseits die Tätigkeit der Personengesellschaft, ob es sich um originär gewerbliche, gewerblich infizierte, gewerblich geprägte, vermögensverwaltende, als Erfüllungsgehilfen „hoheitlich“ tätige oder dauerdefizitäre Personengesellschaften handelt.
Andererseits werden umfassend die steuerlichen Folgen der Beteiligung an den verschiedenen Personengesellschaften für die juristischen Personen des öffentlichen Rechts (jPdöR) dargestellt.
Neben der speziell durch Richtlinie der Finanzverwaltung geregelten Beteiligung der jPdöR bei Mitunternehmerschaft stellt der Autor zur Diskussion, ob nur Einkünfte aus Mitunternehmerschaft als Betrieb gewerblicher Art zu versteuern sind. So kann nach Ansicht des Autors bei einer Beteiligung an einer vermögensverwaltenden oder dauerdefizitären Personengesellschaft, also außerhalb des gewerblichen Bereichs, gleichwohl auf Ebene der jPdöR ein Betrieb gewerblicher Art begründet werden. Der Autor leistet mit seinem Leitartikel einen wichtigen Beitrag zu systematischen Einordnung der steuerlichen Beurteilung von Beteiligungen auf Ebene der beteiligten Körperschaft des öffentlichen Rechts.
Leseprobe
Beteiligungen von juristischen Personen des öffentlichen Rechts an Personengesellschaften als Betriebe gewerblicher Art?
Tätigkeitsbereiche und Einkünftequalifikation
von Dipl.-Bw.(FH)/Dipl.-Vw./Dipl.-Hdl. Martin Kronawitter, Untergriesbach -
Seit jeher geht sowohl die Rechtsprechung als auch die Finanzverwaltung davon aus, dass Anteile einer juristischen Person des öffentlichen Rechts an einer Mitunternehmerschaft stets einen Betrieb gewerblicher Art begründen. In diesem Beitrag werden die unterschiedlichen Tätigkeitsbereiche einer Personengesellschaft dahingehend untersucht, wie die Einkünfte auf Ebene der öffentlichen Hand zu qualifizieren sind. Im Speziellen geht es um die Frage, unter welchen Voraussetzungen die Beteiligung an einer Personengesellschaft tatsächlich einen steuerpflichtigen Betrieb gewerblicher Art darstellt bzw. keine oder andere Einkünfte bei der Körperschaft des öffentlichen Rechts nach sich zieht.
1. Problemstellung und Überblick
Die Finanzbehörden haben hinsichtlich der steuerlichen Behandlung von Anteilen der öffentlichen Hand an Personengesellschaften eine gefestigte Meinung (R 6 Abs. 2 Satz 2 bis 5 KStR 2004):
„Die Beteiligung einer juristischen Person des öffentlichen Rechts an einer Mitunternehmerschaft i. S. des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG begründet einen Betrieb gewerblicher Art. Das gilt insbesondere für den Zusammenschluss einer juristischen Person des öffentlichen Rechts mit einer Kapitalgesellschaft. Eine andere Beurteilung ergibt sich auch nicht daraus, dass die Tätigkeit, falls diese von der juristischen Person des öffentlichen Rechts allein ausgeübt würde, als hoheitlich zu behandeln wäre. Schließen sich dagegen zwei juristische Personen des öffentlichen Rechts zur gemeinsamen Ausübung von derartigen Tätigkeiten z. B. in einer GbR zusammen, liegt regelmäßig keine einen Betrieb gewerblicher Art begründende Mitunternehmerschaft vor.“
Ob diese Haltung der Steuerverwaltung (und der bestätigenden Literatur1) heute noch zu begründen ist bzw. wie sich diese Vorgaben auf die Besteuerung von Anteilen an Personengesellschaften auf Ebene einer Körperschaft des öffentlichen Rechts auswirken, wurde bislang - soweit ersichtlich - weder in der Rechtsprechung2 näher thematisiert noch im Schrifttum3 ausgewogen durchleuchtet. Das Versäumnis wird hier nachgeholt, indem es verschiedene Tätigkeitsbereiche von Personengesellschaften aus Sicht der juristischen Person des öffentlichen Rechts (jPdöR) als Anteilseignerin zu diskutieren gilt.
Die Systematik der Besteuerung von Personengesellschaften erschließt sich aus § 15 EStG. Darin wird bestimmt, welche Einkünfte zu den in § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG genannten Einkünften aus Gewerbebetrieb rechnen, und letztlich beim Gewerbetreibenden der Einkommensteuer zu unterwerfen sind. § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG betrifft die Qualifikation von Einkünften einer i. S. von Abs. 2 gewerblich tätigen natürlichen Person und kann für Zwecke der Besteuerung von Personengesellschaften ausgeblendet werden. Gleiches gilt für § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 (und Satz 2) EStG, welcher die Besteuerung der Einkünfte als persönlich haftenden Gesellschafter einer KGaA zum Gegenstand hat. Deshalb sollten nachfolgende Problembereiche betreffend die Besteuerung bei jPdöR erörtert werden: Mitunternehmerschaften, gewerblich infizierte, gewerblich geprägte, vermögensverwaltende, „hoheitlich“ tätige sowie dauerdefizitäre Personengesellschaften.
1 Z. B. Pinkos, DStZ 2010, S. 102.
2 RFH v. 8.11.1938, I 347/38, RStBl 1939 S. 301; BFH v. 9.5.1984, I R 25/81, BStBl 1984 II S. 726; FG Schleswig-Holstein v. 30.9.1997, V 762/97, EFG 1998, S. 590.
3 Offensichtlich hat erst der in DStZ 2010, S. 370, erschienene Beitrag des Verfassers zur Verlustverrechnung bei GmbH & Co. KG nach dem Jahressteuergesetz 2009 die Diskussion entfacht. Danach suchte Storg, DStZ 2011, S. 784, nach dogmatischen Ansätzen, wie mit vermögensverwaltenden Tätigkeiten umzugehen ist.