Rechtliche Rahmenbedingungen für die Direktvermarktung von »Grünstrom« nach dem EEG 2012
Abstract
Dr. Daniel Breuer verschafft dem Leser einen systematischen und umfassenden Überblick über Rechtliche Rahmenbedingungen für die Direktvermarktung von „Grünstrom“ nach dem EEG 2012. Zur Erreichung der Ziele „Marktintegration“ und „Ausbau des Anteils Erneuerbarer“ wurde die Direktvermarktung von erneuerbaren Energien und Grubengas (Grünstrom) im EEG 2012 grundlegend ergänzt und nunmehr in einem eigenen Teil des EEG geregelt. Der Autor stellt die künftigen drei Formen der Direktvermarktung vor: das Grünstromprivileg zur Verringerung der EEG Umlage (§ 39), die sonstige Direktvermarktung (§ 33) als Auffangtatbestand und das Marktprämienmodell (§ 33g) als Herzstück des neuen Direktvermarktungsregimes. In Form der Marktprämie erhalten die Anlagenbetreiber einen (finanziellen) Anreiz, von der bislang üblichen Praxis der Inanspruchnahme der festen Einspeisevergütung abzuweichen und sich einer schrittweisen Integration in die Strommärkte zu öffnen. In seinem Beitrag geht der Autor u.a. auf folgende Punkte ein: Allgemeine Vorschriften der Direktvermarktung, das Sanktionssystem bei Nichteinhaltung sowie den Wechsel zwischen den drei Formen der Direktvermarktung und schließlich die Berechnungsgrundlagen der Marktprämien.
Leseprobe
von Dr. Daniel Breuer, Köln1 -
Zum 1. Januar 2012 ist das novellierte EEG in Kraft getreten. Die nunmehr umgesetzten Änderungen waren Gegenstand des Gesetzes zur Neuregelung des Rechtsrahmens für die Förderung der Stromerzeugung aus Erneuerbaren Energien vom 28. Juli 2011 (EE-ÄnderungsG2, BGBl I, S. 1634), mit dem das Energiepaket vom 6. Juni 2011 und damit letztlich die sog. Energiewende beschlossen wurde. Neben der erneuten Änderung des EEG ragen als weitere Eckpfeiler das bereits am 5. August 2011 in Kraft getretene EnWG3, das Netzausbaubeschleunigungsgesetz (NABEG) sowie die mit der 13. Atomgesetznovelle erfolgte Rückkehr zum rot-grünen Atomausstieg von 2002 heraus.4 Die Halbwertszeit dieser umfassenden Änderung scheint jedoch zumindest mit Blick auf das EEG gering: am 29. März 2012 soll der Bundestag nach nur drei Monaten über eine erneute Änderung des EEG beschließen, mit erheblichen Auswirkungen vor allem für die deutsche Solarbranche. Da unmittelbare Auswirkungen auf das zum 1. Januar 2012 neu eingeführte Direktvermarktungsregime zum Zeitpunkt des Redaktionsschlusses nicht ersichtlich sind, geltend die nachfolgenden Ausführungen losgelöst von den Inhalten des Gesetzes zu den Änderungen im Recht der erneuerbaren Energien (EEG-ÄnderungsG, BT-Drucks. 17/8877) Übergeordnetes Ziel der Energiewende ist die Erreichung eines fuel switch, d.h. eines Wechsels der Energieträger bei der Stromerzeugung. Dem wurde auch im neuen EEG Rechnung getragen, einerseits in den Zweckerwägungen5 in § 1 Abs. 16 sowie bezüglich der Umsetzung in § 1 Abs. 2 durch eine verstärkte Marktintegration der erneuerbaren Energien in das Elektrizitätsversorgungssystem. Andererseits auch durch die verbindliche Vorgabe der (nunmehr angepassten) Ausbauziele, nämlich 35 % bis 2020, 50 % bis 2030, 65 % bis 2040 und 80 % bis 2050, was den Vorgaben des Energiekonzepts der Bundesregierung vom 28. September 20107 entspricht.
1. Marktintegration erneuerbarer Energien im EEG 2012
Im Fokus der aktuellen Debatte um die Umsetzung der Energiewende stehen - losgelöst von dem eingangs erwähnten EEG-ÄnderungsG -vor allem die Herausforderungen bei der Integration einer zunehmend dezentralen Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien in die Stromnetze (Netzintegration) sowie in die Markt- und Vermarktungsmechanismen auf den Strommärkten (Marktintegration). Da ein Großteil des erforderlichen Ausbauvolumens auf die fluktuierenden, d.h. nicht steuerbaren bzw. dargebotsabhängigen, Energieträger Wind (On-/Offshore) und Photovoltaik entfallen wird und Speichermöglichkeiten zumindest in relevantem Umfang nicht verfügbar sind (Nichtspeicherbarkeit), sehen sich die Marktbeteiligten erheblichen Integrationsherausforderungen ausgesetzt. …
1 Der Autor ist ehemaliger wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Energierecht an der Universität zu Köln und derzeit Rechtsreferendar am Landgericht Köln sowie wissenschaftlicher Mitarbeiter bei Osborne Clarke im Bereich Energierecht (daniel.breuer@osborneclarke.de). Zudem ist der Autor Gründungsherausgeber der Kölner Schrift zum Wirtschaftsrecht (KSzW). Der Beitrag gibt ausschließlich die persönliche Auffassung des Autors wieder. Der Autor dankt Herrn Rechtanwalt Marcus Fickers, LL.M. für die wertvollen Anmerkungen.
2 Durch das EE-ÄnderungsG wurden zudem auch das KWKG, die StromNEV und die StromNZV geändert; dazu auch Wustlich/Müller, ZNER 2011, 380 ff. sowie Kronawitter, VersorgW 2011, 225 ff.
3 Die umfassende Novellierung des EnWG erfolgte mit dem Gesetz zur Neuregelung energiewirtschaftsrechtlicher Vorschriften (BGBl I, S. 1554), das vor allem die Umsetzung der Vorgaben des sog. dritten Binnenmarktpakets der EU aus dem Jahr 2009 beinhaltet, dazu Theobald/Gey-Kern, EuZW 2011, 896 ff. sowie Scholtka/Helmes, NJW 2011, 3185, 3185.
4 Zur Atomgesetznovelle aus verfassungsrechtlicher Sicht Däuper/Michaels/Voß, ZNER 2011, 375 ff.
5 insbesondere im Interesse des Klima- und Umweltschutzes eine nachhaltige Entwicklung der Energieversorgung zu ermöglichen, die volkswirtschaftlichen Kosten der Energieversorgung auch durch die Einbeziehung langfristiger externer Effekte zu verringern, fossile Energieressourcen zu schonen und die Weiterentwicklung von Technologien zur Erzeugung von Strom aus Erneuerbaren Energien zu fördern“.
6 Sämtliche Paragraphen-Zitierungen ohne Gesetzesbezeichnung sind solche des EEG 2012.
7 Energiekonzept für eine umweltschonende, zuverlässige und bezahlbare Energieversorgung vom 28.9.2010, herausgegeben durch das BMWi und BMU, online abrufbar etwa unter www.bmu.de/files/pdfs/allgemein/application/pdf/energiekonzept_bundesregierung.pdf (Stand: 6.12.2011); allerdings war als Voraussetzung für deren Erreichen damals noch der gezielte Einsatz der deutschen AKW zur Erzeugung emissionsarmer Grundlast als - aus wirtschaftlicher Sicht - für zwingend erforderlich erachtet worden.