Dauerthema Konzessionärswechsel
Abstract
Rechtsanwalt Dr. Achim-R. Börner befasst sich in seinem Beitrag mit dem Dauerthema Konzessionärswechsel, hier: Kommunale Befangenheit. Eine Vielzahl von Konzessionsverträgen läuft derzeit aus. Viele Kommunen gründen oder aktivieren Stadtwerke, die sich als neue Netzbetreiber um auslaufende Konzessionsverträge bewerben sollen. Durch die vorteilhafte Situation der Stadtwerke gegenüber privaten Anbietern bei Neubewerbungen sieht der Autor die Kommunen in einem Interessenkonflikt und den Mangel eines transparenten Auswahlverfahrens durch Diskriminierungs- und Missbrauchsverbot nur teilweise neutralisierbar.
Leseprobe
- von Rechtsanwalt Dr. Achim-R. Börner, Köln -
Eine Vielzahl von Konzessionsverträgen läuft aus, z.T. als Folge der Begrenzung der Laufzeit auf 20 Jahre gemäß der Kartellnovelle von 1992. Viele Kommunen gründen oder aktivieren Stadtwerke1, die sich als neue Netzbetreiber um auslaufende Konzessionsverträge bewerben sollen. Trotz Kostenkontrolle und Anreizregulierung durch die Bundesnetzagentur wird der Netzbetrieb als handelsbilanziell lukrativ angesehen2; Ursache dafür ist, dass die Aufsicht unverändert auf einer kalkulatorischen Rechnung fußt und die Herausforderungen, die die Energiewende mit sich bringt, noch nicht eingepreist sind. Die Vergabeentscheidung sollte auf einen weisungsunabhängigen Treuhänder verlagert werden.
Die Literatur3 beschreibt, welche Vorteile sich die Kommunen aus dem Netzbetrieb in Eigenregie erhoffen:
- Vorhaltung einer qualitativ hochwertigen Energieversorgung
- verbesserte Steuerung lokaler Infrastruktur, insbesondere zur Umsetzung von Anpassungen angesichts des demographischen Wandels (Rückbauten)
- vereinfachte Umsetzung von Klimazielen: Einsparprogramme und flächendeckende Entwicklung erneuerbarer Energien
- Entwicklung der lokalen Wirtschaft
- Direkte und indirekte Beschäftigungseffekte
- Fiskalinteressen
- Einbindung in einen Querverbund mit defizitären öffentlichen Einrichtungen
- Vereinnahmung von Gewerbesteuer
Grundlage der Neuvergabe der - inzwischen nicht mehr exklusiven - allgemeinen Wege-rechte, in öffentlichen Wegen und Grundstücken Leitungen zu errichten und zu betreiben, ist § 46 EnWG 2005 i.d.F. 2011. Die Regelung wird in der Praxis ergänzt durch den Gemeinsamen Leitfaden von Bundeskartellamt und Bundesnetzagentur zur Vergabe von Strom- und Gaskonzessionen und zum Wechsel des Konzessionsnehmers vom 15.12.20104. …
1 Zu den Schranken kommunaler Wirtschaftsbetätigung vgl. G. Püttner, in: D. Bräunig/W. Gottschalk (Hrsg.), Stadtwerke. Grundlagen, Rahmenbedingungen, Führung und Betrieb, Schriftenreihe Öffentliche Dienstleistungen Bd. 56, Baden-Baden 2012, S. 140 ff; bzgl. der Netzübernahme zuletzt J.-C. Pielow, ebenda, S. 169
2 M. Schöneich, ebenda, S. 81f
3 H.-J. Reck, ebenda, S. 15, 18 ff; B. Praetorius, ebenda, S. 130 f; s. auch die Stellungnahmen des Verbandes Kommunaler Unternehmen, abrufbar unter www.vku.de/energie/unternehmensstrategien/rekommunalisierung/fragen-und-antoworten-zur-rekommunalisierung.html
4 abrufbar unter: www.bundeskartellamt.de/wDeutsch/download/pdf/Diskussionsbeitraege/101215_Leitfaden_Konzessionsrecht_BnetzA_BKartA.PDF