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betrieb des Schwimmbades entstanden sind – dem Grunde
nach als verdeckte Gewinnausschüttungen (vGA) i.S.d. § 8
Abs. 3 Satz 2 KStG zu behandeln und daher außerbilanziell
dem Unterschiedsbetrag gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 EStG hinzu-
zurechnen. Weder ist auf die hier vorliegende Fallgestaltung
§ 8 Abs. 7 Satz 1 Nr. 2 KStG rückwirkend anzuwenden, noch
liegen die Voraussetzungen für eine technisch wirtschaftliche
Verflechtung zwischen Schwimmbad und den Versorgungs-
sparten (hier: Heizkraftwerk) der Klägerin vor.
Nach der Rechtsprechung des BFH kann eine vGA vorliegen,
wenn eine Eigengesellschaft einer jPdöR dauerhaft struktu-
rell verlustbringend einen Bäderbetrieb unterhält, bei dem
Abhilfe nur ein monetärer Verlustausgleich durch die Gemein-
de als Alleingesellschafter bringen würde (so grundlegend
BFH, Urteil v. 22.08.2007 – I R 32/06, BStBl 2007 II, 961, Ver-
sorgW 2007, 291, DokNr. 07000645). Die gesellschaftsrechtli-
che Veranlassung folgt nach der BFH-Rechtsprechung in die-
sem Fall daraus, dass ein ordentlicher und gewissenhafter
Geschäftsleiter nicht darauf verzichten würde, von der Ge-
meinde einen derartigen Ausgleich zu verlangen. Der ordent-
liche und gewissenhafte Geschäftsleiter wäre nicht bereit,
Leistungen zu erbringen, die an sich dem Alleingesellschaf-
ter obliegen, und dafür auf Dauer Verluste hinzunehmen.
Dabei geht der BFH davon aus, dass die Gemeinde freiwillige
Aufgaben der kommunalen Daseinsvorsorge (die Unterhal-
tung eines Bäderbetriebes) auf ihre Eigengesellschaft über-
tragen hat und deren Übernahme geeignet ist, einen Vorteil
i.S.d. § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG beim Gesellschafter aus-
zulösen.
Nach § 8 Abs. 7 Satz 1 Nr. 2 KStG i.d.F. des Jahressteuer-
gesetzes 2009 sind die Rechtsfolgen einer vGA bei Kapital-
gesellschaften nicht bereits deshalb zu ziehen, weil ein
Dauerverlustgeschäft ausgeübt wird. Dies gilt nur bei Kapi-
talgesellschaften, bei denen die Mehrheit der Stimmrechte
unmittelbar oder mittelbar auf jPdöR entfällt und nachweis-
lich ausschließlich diese Gesellschafter die Verluste aus Dauer-
verlustgeschäften tragen.
Die Tatbestandsvoraussetzungen des § 8 Abs. 7 Satz 1 Nr. 2
KStG liegen im Streitfall vor. Nach § 8 Abs. 7 Satz 2 KStG ist
ein Dauerverlustgeschäft begünstigt, soweit aus verkehrs-,
umwelt-, sozial-, kultur-, bildungs- oder gesundheitspolitischen
Gründen eine wirtschaftliche Betätigung ohne kostendecken-
des Entgelt unterhalten wird. Der Betrieb öffentlicher Bäder-
anlagen ist den gesundheitspolitischen Gründen zuzurech-
nen (Krämer, in: Dötsch/Jost/Pung/Witt, § 8 Abs. 7 Rz. 20;
Rengers, in: Blümich § 8 KStG, Rz. 1123; Meier/Semelka, in:
Hermann/Heuer/Raupach, § 8 Abs. 7 KStG Rz. 527; BMF,
Schreiben vom 12.11.2009, BStBl 2009 I, 1303, 1313, Rz. 46,
VersorgW 2010, 9, DokNr. 10000181). Die Anwendung des
§ 8 Abs. 7 Satz 1 Nr. 2 KStG setzt nicht voraus, dass die Kapi-
talgesellschaft den dauerdefizitären Betrieb selbst betreibt.
Vielmehr ist nach Auffassung des Senats, der sich der Argu-
mentation des Niedersächsischen FG (Urteil v. 23.06.2015 –
6 K 253/14, EFG 2016, 224, VersorgW 2016, 88, DokNr.
16001583) anschließt, ausreichend, wenn ein derartiger Be-
trieb »nur« verpachtet wird.
§ 8 Abs. 7 KStG ordnet an, dass bei Vorliegen der Tatbe-
standsvoraussetzungen, die Rechtsfolgen einer vGA nicht zu
ziehen sind. Rechtsfolge einer vGA sowohl nach dem in den
Streitjahren 1999 und 2000 geltenden Anrechnungsverfah-
rens als auch dem in den Streitjahren 2001 bis 2003 gelten-
den Halbeinkünfteverfahren war auf der Ebene der Kapital-
gesellschaft die außerbilanzielle Hinzurechnung der vGA,
ggf. unter Berücksichtigung eines Gewinnaufschlages.
Der mit dem JStG 2009 eingeführte § 8 Abs. 7 Satz 1 Nr. 2
KStG ist nach § 34 Abs. 6 Satz 4 und 5 KStG i.d.F. des JStG
2009 jedenfalls auf die hier vorliegende Fallkonstellation für
die Streitjahre 1999 bis 2003 aber nicht rückwirkend anzu-
wenden. Nach § 34 Abs. 6 Satz 4 und 5 KStG i.d.F. des JStG
2009 ist § 8 Abs. 7 KStG auch für Veranlagungszeiträume vor
2009 anzuwenden. Ist im Einzelfall vor dem 18.06.2008 bei
der Einkommensermittlung nach anderen Grundsätzen als
nach § 8 Abs. 7 KStG verfahren worden, so sind diese Grund-
sätze insoweit letztmals für den Veranlagungszeitraum 2011
maßgebend. Die »anderen Grundsätze« werden im Gesetz
nicht definiert.
Umstritten ist, ob die Rückwirkung für die Jahre vor 2009 be-
züglich der Fälle gilt, in denen in einer Eigengesellschaft
Dauerverlustgeschäfte i.S.d. § 8 Abs. 7 Satz 2 KStG und an-
dere Tätigkeiten zusammengefasst worden sind, die im Rah-
men eines BgA nach Verwaltungsauffassung nicht hätten zu-
sammengefasst werden dürfen. Wendet man § 8 Abs. 7 Satz 2
KStG wortlautgemäß nach § 34 Abs. 6 Satz 4 KStG bei einem
Verlust aus einem begünstigten Dauerverlustgeschäft auch
für Veranlagungszeiträume vor 2009 rückwirkend an, wären
die Rechtsfolgen einer vGA nicht anzusetzen. Die sog. »Spar-
tenrechnung« i.S.d. § 8 Abs. 9 KStG, die eine unerwünschte
Verrechnung von Gewinnen und Verlusten in einer Eigen-
gesellschaft verhindert, gilt erst ab dem Veranlagungszeit-
raum 2009. Bei einer noch nicht bestandskräftigen Körper-
schaftsteuerfestsetzung für Zeiträume vor 2009 führt dies zu
dem Ergebnis, dass der Ansatz einer vGA ausgeschlossen
wäre, sogar wenn Dauerverlustgeschäfte i.S.d. § 8 Abs. 7 Satz
2 KStG und andere Tätigkeiten nach bisherigen sowie nach
neuer Rechtslage nicht hätten zusammengefasst werden
dürfen.
Nach Auffassung des FG Mecklenburg-Vorpommern ist in
der hier vorliegenden Fallkonstellation, in der nach bisheri-
ger Verwaltungsauffassung und Rechtsprechung (BFH, Urteil
v. 22.08.2007 – I R 32/06, BStBl 2007 II, 961, VersorgW 2007,
291, DokNr. 07000645) eine vGA gegeben wäre, weil die
Tätigkeiten »Betrieb des Schwimmbades« mit Versorgungs-
sparten eines Stadtwerkes nicht hätten zusammengefasst
werden dürfen, die in § 34 Abs. 6 Satz 4 KStG angeordnete
Rückwirkung des § 8 Abs. 7 KStG nach Sinn und Zweck des
Gesetzes (vgl. BT-Drucks. 16/10189, S. 72) sowie nach seiner
Entstehungsgeschichte einschränkend auszulegen. Eine rück-
wirkende Erweiterung der Verlustverrechnung auf bisher
nicht zusammenfassbare Tätigkeiten war durch die gesetz-
liche Regelung des Querverbundes nicht gewollt.
Entgegen der Auffassung der Klägerin sind die Verluste aus
dem Schwimmbadbetrieb der Klägerin auch nicht deswegen
zu berücksichtigen, weil mit anderen Versorgungsbetrieben
der Klägerin eine technisch-wirtschaftliche Verflechtung vor-
liegt. Eine enge wechselseitige technisch-wirtschaftliche Ver-
flechtung ist dann gegeben, wenn bestehende oder zu errich-
tende Anlagen den Zwecken mehrerer Betriebe dienen.
Reine Lieferverhältnisse erfüllen nicht das Merkmal der engen
wechselseitigen technisch-wirtschaftlichen Verflechtung. Dem
Nachweis der Wirtschaftlichkeit kommt in diesem Zusammen-
hang eine entscheidende Bedeutung zu. Insbesondere müs-
sen die vorhandenen oder entstehenden wechselseitigen Be-
ziehungen bei sämtlichen betroffenen Einrichtungen, d.h. so-
wohl in dem Bäderbetrieb als auch in dem das Blockheiz-
kraftwerk betreibenden Versorgungsbetrieb wirtschaftliche
Vorteile auslösen. Die Voraussetzungen für die Zusammen-
fassung von BgA nach § 4 Abs. 6 Satz 1 Nr. 2 KStG mittels
eines Blockheizkraftwerks sind nunmehr in dem BMF-Schrei-
ben vom 11.05.2016 (DStR 2016, 1164, VersorgW 2016, 219,
DokNr. 16003901) aufgeführt, das auf alle noch offenen Fälle
anzuwenden ist. Dieses Schreiben gilt nicht nur für BgA,
sondern entsprechend für zusammenzufassende Tätigkeits-
bereiche in Kapitalgesellschaften i.S.d. § 8 Abs. 7 KStG.
Das BHKW muss dem BgA-Bad dienen. Dies ist nicht der
Fall, wenn neben der Wärmeabgabe des BHKW an den Bad-
BgA eine Wärmeabgabe an Dritte (z. B. Wohngebäude im
HEFT 1 2017
VERSORGUNGSWIRTSCHAFT
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