Verlag Versorgungswirtschaft - page 22

für Differenzbilanzkreise, somit Aufwendungen für den
Ausgleich von Abweichungen von den standardisierten Last-
profilen (im Folgenden: Standardlastprofilen) nicht berück-
sichtigt.
Durch die Standardlastprofile wird prognostiziert, welche
Strommenge in das Netz einzuspeisen ist, um den Verbrauch
der Letztverbraucher abzudecken. Standardlastprofile lassen
sich auf zwei Arten bestimmen, zwischen denen die Betreiber
von Elektrizitätsverteilernetzen wählen können. Beim analy-
tischen Verfahren werden die Standardlastprofile ex post be-
rechnet. Da die Verbrauchsbetrachtung auf den tatsächlich
dem Netz entnommenen Mengen beruht, scheiden beim ana-
lytischen Verfahren Abweichungen im Verbrauch, die über
einen Differenzbilanzkreis erfasst werden müssten, von vorn-
herein aus. Beim synthetischen Verfahren werden statistisch
ermittelte Lastprofile bestimmten Gruppen von Letztverbrau-
chern nach Verbrauchsmustern zugeordnet. Maßgeblich ist
eine ex-ante-Betrachtung. Tatsächlicher Verbrauch und ex-ante-
Prognose können voneinander abweichen. Diese Abweichun-
gen werden durch den Differenzbilanzkreis erfasst.
Die Betroffene ermittelt die Standardlastprofile im syntheti-
schen Verfahren. Von der Möglichkeit gemäß § 12 Abs. 3 Satz
4 StromNZV, keinen Differenzialbilanzkreis zu führen, hat
die Betroffene keinen Gebrauch gemacht.
Die Landesregulierungsbehörde hat weiter bei der Festle-
gung der Erlösobergrenze im Rahmen der Bestimmung des
betriebsnotwendigen Eigenkapitals die von der Betroffenen
mit …
angegebenen liquiden Mittel auf 2/12 des Jahresum-
satzes, mithin auf …
begrenzt. Nach Angaben der Betroffe-
nen haben diese Kürzung sowie eine angebliche Kürzung bei
der Position »Forderungen bei Lieferungen und Leistungen«
die kalkulatorische Eigenkapitalverzinsung und die kalkula-
torische Gewerbesteuer insgesamt um …
verringert.
Die Betroffene ist der Auffassung, die Festlegung der Erlös-
obergrenze sei rechtswidrig, weil die Aufwendungen für Dif-
ferenzbilanzkreise beim Ausgangsniveau zu berücksichtigen
seien und die liquiden Mittel nicht auf 2/12 des Jahresumsat-
zes hätten gekürzt werden dürfen.
Da im vereinfachten Verfahren nach § 24 ARegV ein Effizienz-
wert festgesetzt werde, könnten die Kosten der Differenz-
bilanzkreisabrechnung nicht nochmals unter dem Gesichts-
punkt der »Effizienz« unberücksichtigt bleiben. Sie seien als
nicht beeinflussbare Kosten im Sinne von § 2 Satz 1 Nr. 1
ARegV zu subsumieren. Die Wahl des synthetischen Verfah-
rens dürfe als zulässige Methode nicht mit Nachteilen behaf-
tet sein. Für den Verteilernetzbetreiber gli-chen sich die Kos-
ten und Erlöse aus dem Abrechnungsmechanismus auch
nicht aus.
Eine Begrenzung der berücksichtigungsfähigen liquiden Mit-
tel auf 2/12 des Jahresumsatzes dürfe nicht erfolgen, da der
Bedarf an liquiden Mitteln deutlich höher sei.
Die Betroffene beantragt: Der Bescheid der Regulierungs-
kammer des Freistaats Bayern vom 22.01.2015, Aktenzei-
chen: GR-5932a1/11/2, wird insofern aufgehoben, als in dem
Bescheid Kosten der Beschwerdeführerin für Differenzbilanz-
kreise nicht beim Ausgangsniveau berücksichtigt werden
und eine Begrenzung der liquiden Mittel auf maximal 2/12
des Jahresumsatz erfolgt. Gleichzeitig wird die Beschwerde-
gegnerin analog § 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO verpflichtet, unter
Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts insofern einen
neuen Bescheid zu diesen Punkten zu erlassen.
Hilfsweise: Die Regulierungskammer des Freistaates Bayern,
Bayerische Regulierungsbehörde unter Aufhebung des Be-
scheides vom 22.01.2015, Az. GR-5932 a 1/11/2, zu verpflich-
ten, über die Festlegung der Aufwendungen für Differenz-
energiemengen und der Begrenzung liquider Mittel im Be-
reich Strom für die zweite Regulierungsperiode (01.01.2014
bis 31.12.2018) gemäß Ziffer 1 des Bescheidtenors neu zu ent-
scheiden.
Die Landesregulierungsbehörde beantragt, die Beschwerde
zurückzuweisen.
Sie ist der Auffassung, Aufwendungen für Differenzbilanz-
kreise seien nicht effizient, da die Betroffene statt des synthe-
tischen Verfahrens auch das analytische Verfahren hätte
wählen können, bei dem keine Kosten anfallen. Für die Be-
stimmung des Ausgangsniveaus sei gemäß § 6 ARegV, § 4
Abs. 1 StromNEV auf das Effizienzkriterium auch im verein-
fachten Verfahren nach § 24 ARegV abzustellen. Außerdem
könnten aus Abweichungen von den Standardlastprofilen im
synthetischen Verfahren sowohl Kosten als auch Erlöse gene-
riert werden, die sich im Zeitverlauf in etwa ausglichen.
Liquide Mittel über 2/12 des Jahresumsatzes hinaus seien
nicht betriebsnotwendig und daher nicht bei der Festsetzung
des kalkulatorischen Eigenkapitals zu berücksichtigen. Der
Grundgedanke der Anreizregulierung sei, einen funktionie-
renden Wettbewerb zu simulieren. Auf einem funktionieren-
den Markt würde aber jedes Unternehmen versuchen, die li-
quiden Mittel so gering wie möglich zu halten.
(…)
Aus den Gründen:
II.
Gemäß § 79 Abs. 2 EnWG wurde im Streitfall die Bundes-
netzagentur für Elektrizität, Gas, Telekommunikation, Post
und Eisenbahn – entsprechend der Beteiligung des Bundes-
kartellamts gemäß § 67 Abs. 2 GWB im Kartellbeschwerde-
verfahren – beteiligt (vgl. BGH, Beschluss vom 13.11.2007 –
KVR 23/07, juris, Tz. 5 ff. – Beteiligung der Bundesnetzagen-
tur)
1
.
III.
Die Beschwerde der Betroffenen ist zulässig, aber nicht
begründet.
1. Die Beschwerde ist zulässig. Jedenfalls der Hilfsantrag,
den die Betroffene im Hinblick auf die seitens der Landes-
regulierungsbehörde gegen den Hauptantrag vorgebrachten
Zulässigkeitsbedenken gestellt hat, ist zulässig. Es ist klar er-
sichtlich, dass die Betroffenen eine Aufhebung der Bescheids
und eine Verpflichtung zur Neuverbescheidung begehrt, wo-
bei im Rahmen der Verpflichtung zur Neuverbescheidung
ihrer Auffassung hinsichtlich der Berücksichtigung der Auf-
wendungen für Differenzenergiemengen und der Begrenzung
liquider Mittel Rechnung getragen werden soll. Ob auch der
Hauptantrag zulässig wäre, bedarf keiner Entscheidung, denn
die Betroffene hat ihr Rechtsschutzziel mit dem Hilfsantrag
präzisiert und deutlich gemacht, dass sie mit dem Hauptan-
trag und dem Hilfsantrag keine unterschiedlichen Rechts-
schutzziele verfolgt.
2. Die Beschwerde ist nicht begründet. Die Nichtberücksich-
tigung der Aufwendungen für Differenzbilanzkreise und die
Kürzung der im Rahmen des kalkulatorischen Eigenkapitals
zu berücksichtigenden liquiden Mittel auf 2/12 des Jahres-
umsatzes führt nicht zur Rechtswidrigkeit des Festlegungsbe-
scheids.
a) Aufwendungen für Differenzbilanzkreise, somit Aufwen-
dungen für den Ausgleich von Abweichungen bei Standard-
lastprofilen, sind bei der Bestimmung des Ausgangsniveaus
gemäß § 6 ARegV nicht zu berücksichtigen. In das Ausgangs-
niveau sind gemäß § 6 ARegV i.V.m. § 5 Abs. 1, § 4 Abs. 1
StromNEV, § 21 Abs. 2 EnWG nur die Kosten, die denen
eines effizienten und strukturell vergleichbaren Netzbetrei-
bers entsprechen, aufzunehmen. Ein effizienter Netzbetrei-
ber würde Aufwendungen für Differenzbilanzkreise nicht in
die Netz-entgelte einpreisen.
aa) Eine Berücksichtigung der Aufwendungen für Differenz-
bilanzkreise beim Ausgangsniveau verbietet sich schon des-
halb, weil davon auszugehen ist, dass sich Kosten und Erlöse
über den Zeitraum der Regulierungsperiode in etwa ausglei-
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VERSORGUNGSWIRTSCHAFT
HEFT 1 2017
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VW-DokNr. 07001845.
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